SkulpTour Basel

Ian Hamilton Finlay (*1925 Nassau / Bahamas †2006 Edinburgh):
2 Shadows (2000)

Zwei Reihen aus Backsteinen, in den Boden eingelassen.
Standort: Petersplatz, entlang des Kollegienhauses der Universität.
2 Shadows entstand anlässlich der Kunstaktion «Skultur» 2000, die, von Klaus Littmann initiiert, ausschließlich Werke mit Backsteinen umfasste. 2 Shadows bestand aus zwei Linien aus Backsteinen, je ca. 4 m lang, im Schattenwurf zweier Bäume. Schenkung aus dem Nachlass des Künstlers an die Stadt Basel. Die Basler Galerie Stampa hatte Finlays Werke regelmässig gezeigt.

Die Installation "versteinerte" gewissermaßen die Schatten der beiden Bäume über den Moment hinaus und damit den Augenblick, den der Künstler erlebt hatte. Der Schattenwurf ist nun auch präsent, wenn die Sonne gar nicht scheint. Nur mit ausreichend Planung oder Geduld wird der Besucher den Moment nacherleben können, in dem der Schatten genau über der Backsteinlinie liegt. Einen der beiden Bäume, dessen Schatten sie einmal anzeigte, gibt es inzwischen nicht mehr (auch einige Backsteine seiner Schattenlinie wurden beschädigt). An diesen Baum erinnert nun bloß noch die steinerne Schattenlinie im Gras. Wenn das Gras etwas höher steht, wird diese Kunst-Installation geradezu unsichtbar. Finlays Installation lässt sich somit zum Einen als Hommage an den Moment, an das "Jetzt" lesen - in einer Welt, in der die Menschen sich oftmals mehr um ihre Zukunft sorgen oder in der Vergangenheit schwelgen bzw. mit ihr hadern, als im Augenblick präsent zu sein. Über die Zeit hinweg gerät Finlays Installation zudem zu einem Monument für die Vergänglichkeit.

Zur bildenden Kunst kam Finlay von der Konkreten Poesie her. Er gravierte Gedichtszeilen und linguistische Phrasen, oft auch nur ein einzelnes Wort, in Steine und setzte diese in die Naturlandschaft. Eine Ausstellung in der Serpentine Gallery, London, 1977 brachte ihm weltweite Beachtung und Anerkennung. Neben etlichen Ehrendoktorwürden und Preisen, die ihm zuteil wurden, wurde Finlay 2002 zum Order of the British Empire (CBE) ernannt. In Schottland schuf er sich einen eigenwilligen Garten, in dem Philosophie, Kunst und Natur zusammengehen: „Little Sparta“. Den traditionellen Vorstellungen eines Landschaftsparks entspricht der über 40 Jahre hinweg entstandene, wildnishafte Garten nicht: eher entsteht der Eindruck eines vergessenen, verwunschenen Ortes. Im Wald oder auf Lichtungen trifft man auf kleine Tempel, Statuen, Grotten oder eine Reihe von Urnen und Säulen. Einzelne Zeilen aus Finlays Gedichten und Konkrete Poesie - oft nur ein einzelnes Wort - sind in diese Landschaft integriert: als Inschrift auf kleinen Steintafeln, an Bäumen angebracht, in Monolithe oder Grabsteine gehauen, in ein Holzgatter eingeritzt. Im Dezember 2004 wählten 50 britische Künstler, Galeristen und Kunstexperten den Garten zum größten Kunstwerk der Nation. Finlay war in seinem Denken ein globaler Künstler. In seinen Arbeiten beschäftigt sich Finlay oft feinfühlig mit Geschichte, Veränderungsprozessen und Umbrüchen. Der Petersplatz hat in dieser Hinsicht viel zu erzählen. Einen besonderen Blick hat Finlay für die Antike, ethische Fragen und die Sozialpsychologie des Menschen. Die französische Revolution, der 2. Weltkrieg sowie Wasser, insbesondere in Form einer Woge (lat. unda), sind wiederkehrende Themen in seinem Werk.

Mehr:
[Die Geschichte des Petersplatzes, altbasel.ch]
[TagesWoche Basel, 19. April 2016]
[Hamilton Finlay: A View to the Temple (1987/2001), Marl]
[Ian-Hamilton-Finlay-Park, Grevenbroich]

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