SkulpTour Marl

Ian Hamilton Finlay (*1925 Nassau / Bahamas †2006 Edinburgh):
A View to the Temple (1987/2001)

Vier Guillotinen aus Holz mit Fallbeilen aus Bronze, je 430 x 190 x 50 cm.
Standort: alter Friedhof, Eduard-Weitsch-Weg. Mit dieser Arbeit nahm Finlay 1987 an der documenta 8 in Kassel teil. Dauerleihgabe des Freundeskreis' Habakuk.

Finlay kam von der Konkreten Poesie zur Bildenden Kunst. Er gravierte Gedichte - oft aus einem oder wenigen Worten bestehend - in Steine und setzte diese in die Naturlandschaft. Immer wieder setzte sich Finlay mit dem Terror der Französischen Revolution und mit der Revolution und mit Gewalt an sich auseinander, ebenso mit dem Zweiten Weltkrieg. Er bezeichnet sich selbst als „schamlosen Moralisten". Seine Arbeit „A View To The Temple" gilt als eins der bekanntesten und überzeugendsten Beispiele seiner verschlüsselten Kunst. Die vier Guillotinen stehen in einer Flucht, der Blick fällt durch die Guillotinen hindurch auf einen kleinen klassizistischen Obelisken: Gedenkstein für an in Marl verstorbene russische Fremdarbeiter. Für die Zechen und die Chemischen Werke in Marl wurden in der Zeit des Nationalsozialismus mehr Arbeitskräfte gebraucht, als durch die einheimische Bevölkerung hätte gedeckt werden können. Zwischen 10.000 und 15.000 Kriegsgefangene und Ausländer wurden zur Zwangsarbeit herangezogen, in über 30 Lagern im Stadtgebiet waren sie eingesperrt.

Die Inschriften auf den Fallbeilen verweisen auf die Widersprüche der französischen Revolution, bei der Tausende Menschen für ihre Ideale „Liberté, Égalité, Fraternité" starben.

Neben etlichen Ehrendoktorwürden und Preisen, die ihm zuteil wurden, wurde Finlay 2002 zum Order of the British Empire (CBE) ernannt.

[Foto: mit freundlicher Erlaubnis © 8/2015 Klaus-Peter Thommes]