Mathematische Skulptur

George W. Hart (*1955):
Sierpinski Tetraeder (2003)

Polyamid, 3D-Druck (selective laser sintering), 17 cm hoch.

3D-Druck nennt man Fertigungsverfahren, bei denen geschmolzenes Material automatisiert Schicht für Schicht aufgetragen wird. Das Material härtet von selbst aus. 3D-Drucker können auf diese Weise 3-dimensionale Körper, die nur in der Vorstellung existieren, - sofern ihre Geometrie mathematisierbar ist - in physische Modelle, Prototypen, Werkzeuge oder Bauteile verwandeln. Dazu sind die gedachten Körper zunächst in ein digitales 3D-Modell zu übersetzen; Der Computer steuert dann den Druckkopf entsprechend dieses 3D-Modells. Beim Sintern wird aus einem fein- oder grobkörnigen Rohling durch die Temperaturbehandlung ein festes Werkstück. Das Selektive Laser-Sintern (SLS) nutzt einen Laser als Energie- und Wärmequelle. Schicht für Schicht wird das Bauteil mit einem Pulverbett (in der Regel Nylon oder Polyamid) überzogen; Computergesteuert wird der Laserstrahl sodann auf die Punkte, die zur Kontur des Werkstücks gehören, gerichtet. An diesen Punkten sintert (schmilzt) das Material aus.

Das Tetraeder (von griech. „tetra“ = vier und „hedra“ = Sitzfläche), auch Vierflach genannt, ist eine Pyramide mit dreieckiger Grundfläche. Das Tetraeder ist der kleinste der fünf platonischen Körper. Die platonischen Körper haben die besondere Eigenschaft, dass ihre Seiten(-flächen) aus jeweils deckungsgleichen (kongruenten) regelmäßigen Vielecken bestehen:

beim Tetraeder sind es vier gleichseitige Dreiecke. Wohl wegen ihrer hohen Symmetrie haben die fünf platonischen Körper schon den Menschen in der Antike "zu denken gegeben". Tatsächlich haben die platonischen Körper die im mathematischen Sinn größtmögliche Symmetrie unter allen Polyedern: man kann jede Seitenfläche, Kante oder Ecke jeweils in jede andere überführen. (D.h. die Seitenflächen, Kanten und Ecken sind jeweils ununterscheidbar.) Bereits der griechische Mathematiker Theaitetos (415–369 v. Chr.) bewies, dass es nur (höchstens) fünf platonische Körper geben kann. Der griechische Philosoph Platon (ca. 427–347 v. Chr.) wurde zum Namensgeber der fünf Körper - zum einen, weil er sie ausführlich beschrieb, zum anderen, weil er sie den Elementen Feuer, Luft, Wasser, Erde, Äther zuordnete und damit popularisierte.

Das Prinzip, wie das Sierpinski Tetraeder aufgebaut ist, wird - in zwei Dimensionen - am Sierpinski-Dreieck deutlich:

Sierpinski triangle Sierpinski triangle Sierpinski triangle Sierpinski triangle
i = 0 i = 1 i = 2 i = 3

[Grafik: 2008 Georg-Johann Lay, Wikimedia Commons. Lizenz: gemeinfrei]

Man beginnt mit einem gleichseitigen Dreieck (Iterationsschritt i = 0). In jedem der folgenden Iterationsschritte werden die Mittelpunkte der Seiten genommen, sie bilden wieder ein gleichseitiges Dreieck. Dieses Dreieck wird entfernt. Es verbleiben drei deckungsgleiche (kongruente) Dreiecke von halber Seitenlänge (Iterationsschritt i = 1). Im nächsten Iterationsschritt wird dieser Prozess auf alle bestehenden Dreiecke angewendet. Es entstehen 3 · 3 = 9 Dreiecke (Iterationsschritt i = 2). Das Sierpinski-Dreieck hat in der i-ten Iteration 3i Dreiecke, die alle jeweils Seitenlänge 2-i haben (wenn man annimmt, dass die Seitenlänge des 0-ten Sierpinski-Dreiecks gleich 1 ist).

Ganz analog ist - in 3 Dimensionen - das Sierpinski-Tetraeder definiert:

Sierpinski tetraeder Sierpinski tetraeder Sierpinski tetraeder Sierpinski tetraeder
i = 0 i = 1 i = 2 i = 3

[Grafik: 2019 Datumizer, Wikimedia Commons. Lizenz: Creative Commons Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen]

Man beginnt mit einem Tetraeder (Iterationsschritt i = 0). In jedem der folgenden Iterationsschritte werden die Mittelpunkte der 6 Tetraeder-Kanten genommen; wenn man benachbarte Mittelpunkte verbindet, ergibt sich ein Oktaeder: ein Oktaeder ist ein Platonischer Körper mit 6 Ecken, 8 gleichseitigen Dreiecken als Seitenflächen und 12 Kanten. Dieser Oktaeder wird entfernt. Es verbleiben vier gleiche (kongruente) Tetraeder von halber Kantenlänge (Iterationsschritt i = 1). Im nächsten Iterationsschritt wird dieser Prozess auf alle bestehenden Tetraeder angewendet. Es entstehen 4 · 4 = 16 Tetraeder (Iterationsschritt i = 2). Das Sierpinski-Tetraeder hat in der i-ten Iteration 4i Tetraeder, die alle jeweils Kantenlänge 2-i haben (wenn man annimmt, dass die Kantenlänge des 0-ten Sierpinski-Tetraeders gleich 1 ist). Entlang jeder Kante des ursprünglichen Tetraeders liegen in der i-ten Iteration 2i kleine Tetraeder in einer Reihe. Harts 3D-gedrucktes Sierpinski Tetraeder ist mithin das Sierpinski-Tetraeder nach Iterationsschritt 5.

[Foto Skulptur: 5/2008 George W. Hart, Wikimedia Commons. Lizenz: public domain]