max bill (*1908 winterthur †1994 berlin):
unendliche schleife (1935-53)
bronze, 125 x 125 x 80 cm. standort: middelheimmuseum - freilichtmuseum für bildhauerei, nachtegalen park, antwerpen. diese "version IV" der unendlichen schleife gelangte anlässlich der biennale für plastik nach antwerpen, 1956 angekauft.
die erste Version der unendliche schleife stammt aus dem jahr 1935, ohne dass sich der künstler damals des möbius-prinzips bewusst war (brief von max bill vom 10.10.1966]. er stellte sie 1936 auf der triennale von mailand im schweizer pavillon aus. eine zweite zeigte er 1938 in der kunsthalle basel anlässlich der ausstellung neue kunst in der schweiz und eine dritte auf der ausstellung konkrete kunst in der kunsthalle basel 1944 sowie 1951 auf der biennale von sao paulo. mehr: [ middelheimmuseum.be ]
jede schleife ist unendlich in dem sinn, dass man unendlich lang die schleife entlangwandern kann ("im kreis" gewissermaßen), ohne an einen rand zu stoßen. diese unendliche schleife ist jedoch nach dem prinzip des möbius-bands konstruiert: ein modell des möbius-bands lässt sich leicht aus einem (längeren) papierstreifen herstellen, indem man die beiden (schmalen) enden um 180° verdreht (verdrillt) und zusammenklebt:
das möbius-band hat nur eine einzige begrenzende linie (die mit sich selbst parallel ist) als rand und es hat keine vorder- und rückseite: es hat nur eine einzige seitenfläche. ein spielzeugauto, das man gedanklich die schleife entlangfahren lässt, kommt erst nach zwei "runden" wieder am ausgangspunkt an.
bill übersetzt die mathematisch-konstruktive situation (das möbius-band) in eine harmonische, intuitiv ansprechene Form.
...denn ich liebe diese uralte Metamorphose
der Geometrie zur Kunst.
[Eberhard Fiebig, 1987]
Das Möbius-Band wurde 1858 unabhängig voneinander von dem Göttinger Mathematiker und Physiker Johann Benedict Listing und dem Leipziger Mathematiker und Astronomen August Ferdinand Möbius beschrieben. M. C. Escher machte es ab den 1960er Jahren in der Kunst populär, vgl. [ mcescher.com ]. Es dauerte jedoch bis 2007, bis es gelang, das Möbius-Band mathematisch zu fassen: Eugene Starostin und Gert van der Heijden fanden Gleichungen für die Form, die ein Möbius-Band annimmt, wenn man es loslässt: ähnlich wie ein Gummiband strebt auch das Möbius-Band dann in einen Zustand, in dem die Deformationsenergie in Bezug auf Torsion und Krümmung minimiert ist. Wir finden, dass diese Form derjenigen, die Max Bill wählte, gar nicht so unähnlich ist.
Mehr:
[ Rätsel des Möbiusbands gelöst.
Von Holger Dambeck, Spiegel, 19. Juli 2007 ]
[ Maike Pollmann: Ganz schön einseitig.
Spektrum, 16. Juli 2007 ]
[ E.L. Starostin, G.H.M. van der Heijden:
The shape of a Möbius strip.
Nature Materials 6, 2007, 563-567 ]
[ Raúl Ibáñez: Arte Moebius (I)
und Arte Moebius (II).
In: Matemoción, Cuaderno de Cultura Científica, Universität des Baskenlandes, 9. September 2020 ]
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