Angelika Summa (*1952 Bayreuth, lebt und arbeitet in Würzburg):
Die bessere Hälfte (2008)
Schrauben, geschweißt, 120 cm Durchmesser.
Ausstellungsansicht aus dem Wilibrordi-Dom in Wesel, 2011, Niederrheinischer Kunstverein.
Angelika Summa arbeitet mit industriell vorgefertigten Materialien - Drähte, Rohre, Nägel, Schrauben -, die sie lötet und schweißt, wickelt und knotet, knüpft und häkelt. Dem harten Material zum Trotz wirken die eigenwilligen Wucherungen und Gespinste, die entstehen, oft filigran. Wenn sie auf den ersten Blick chaotisch wirken sollten, so ist das von der Künstlerin sicherlich beabsichtigt: die Gedanken sollen erst einmal kreisen! Der Kompass im Kopf des Betrachters soll sich neu ausrichten. Auf diese Weise ensteht - mehr oder weniger deutlich - eine gewisse "Ahnung" von einer geometrischen Form - bevorzugt: von der Kugel. Doch während sich die Vorstellung eines solchen "harmonischen Ganzen" andeutet, wird diese gleichzeitig immer wieder gebrochen: sei es durch eine gewisse Unordnung - wie im Fall dieser Kugel -, sei es dadurch, dass die Konturen der angedeuteten Form schlicht durch die Vielzahl der Drähte bzw. Rohre sowie der Biegungen und/oder Überlagerungen verschwimmen, sei es durch eine energisch-abwehrende Anmutung - wie etwa bei Die bessere Hälfte (2008) oder bei Alien (2016). Menschliche Befindlichkeiten wie Unvollkommenheit und Verletzlichkeit sind angesprochen. So weckt Summa in uns auf der einen Seite eine Sehnsucht nach Harmonie und Ganzheit, nach Schutz und Gewissheit - ohne dieses Bedürfnis freilich andererseits befriedigen zu wollen. Die Situation bleibt, wie auch ihre Skulpturen, immer offen. Ihre Skulpturen bieten an - eher spielerisch und leicht: einen Gedanken, eine Vorstellung, eine Idee von Form und Gewissheit. Ohne selbst viel Raum zu besetzen oder zu beanspruchen, beziehen sie ihre fordernde Wirkung schlicht aus ihrer Präsenz. Die Botschaft ist klar: Unvollkommenheit und Widerstand ist kreative Chance, Energie zu mobilisieren. Jeder Mensch hat am Ende eine substantiell-positive Leistung für das Ganze selbst zu erbringen. Ganz so, wie unser ureigener, je individueller Beitrag zur Ganzheit - ob in der Familie, im Verein oder in der Politik - das ist, was am Ende glücklich macht (im Gegensatz zu Konsum etwa). Klar ist auch: Harmonie in der Gemeinschaft der Vielen bleibt eine hehre Wunschvorstellung, bleibt Utopie. Und doch: bleibt uns etwas anderes, als täglich an ihr zu arbeiten?
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Portrait auf Welt-der-Form
[Foto: mit freundlicher Erlaubnis © 2011 Angelika Summa. Alle Rechte vorbehalten]