SkulpTour Wiesbaden

France Rotar (*1933 Ljubljana †2001):
Leben (1981)

Bronze.
Standort: Warmer Damm.

Als Kind hatte Rotar die Brutalität der deutschen Besatzer erfahren müssen, der Krieg zeichnete ihn en Leben lang. Die Form der Plastik Leben geht letztlich auf Strukturen des Informel zurück, eine Kunstform, die auf die Schrecken des Krieges und insbesondere auf die Atombombe reagierte: makellos "schöne" Kunst zu machen, erschien nunmehr unmöglich, vielmehr versuchte man, neu zu beginnen, eben "ohne Form". Das Thema der aufreißenden Kugel findet sich häufig in Rotars Werk, 1968 heißt eine Version Nukleus. Man kann darin eine Kugel - in der Kunst Chiffre für Vollkommenheit - sehen, die explodiert.

»Eine Welt
die zerbricht
zerbricht
um neues Leben freizugeben.
Das ist Hoffnung.«
[Hubertus Brantzen]

So kann man in der Plastik Leben ebenso gut ein Samenkorn, das die dickwandige Schale sprengt, erkennen - Sinnbild für den Kreislauf des Lebens, das die Gegensätze von Werden und Vergehen vereint. Die ungeheuren Kräfte, die beide Male wirken können, veranschaulicht Rotar sehr plastisch.

Mit der slowenischen Hauptstadt Ljubljana ist Wiesbaden durch eine Städtepartnerschaft verbunden. Wiesbadens damaliger Kulturdezernent Franz Bertram wählte Rotars Arbeit für den in Entstehung begriffenen Skulpturenpark im Warmen Damm aus, weil Rotar bis zu seinem Tod 2001 als der bedeutendste und angesehenste slowenische Bildhauer galt.
[Information: Kulturamt Wiesbaden]

1994 musste die Plastik aus Sicherheitsgründen mit Pflastersteinen untermauert werden, weil die Stützen porös geworden waren. Rotar, der grundsätzlich auf Sockel verzichtete, hatte sein Leben so aufgestellt, als berühre sie eben gerade den Boden.

Rotar schloss 1959 sein Studium an der Akademie der bildenden Künste Ljubljana (Slowenien) ab. Als freischaffender Bildhauer lebte und arbeitete er in Medvode. Ihm wurden mehrere Preise zuteil. Ab 1992 war er außerordentlicher Professor für Bildhauertechnik an der Akademie für Bildende Künste Ljubljana, mit großem Einfluss auf die zeitgenössische Skulptur Sloweniens. Rotar war übrigens (wie auch Otto Herbert Hajek) einer der wenigen Künstler, der seine Bronzen selbst goss. Dieses Handwerk hatte er in der Veroneser Kunstgießerei Fonderia Artistica vermittels eines Stipendiums erlernt.

Verdikt des Kunstwerks durch den selbsternannten Kunstkritiker Christian Saehrendt: Kann das weg? Saehrendt ermittelt in Wiesbaden, hessenschau.de, 5. Oktober 2016

[Foto: © 6/2008 tew. Alle Rechte vorbehalten]