SkulpTour Stuttgart

Hans Dieter Bohnet (*1926 Trossingen †2006 Stuttgart):
Kubus (1977)

Zusammengeschweißt aus sechs rötlich-braunen Corten-Stahlplatten
und drei V2A-Edelstahlplatten, 250 x 250 x 250 cm.
Standort: der Kubus wurde im Rahmen der Ausstellung 'Kunst im Stadtbild' zur Bundesgartenschau 1977 im Mittleren Schlossgarten vor der Lusthaus-Ruine gezeigt. Nach dem Ankauf durch die Stadt Stuttgart wurde der Kubus 1978 vor das Rektoramt der Universität in den Stadtgarten (Schellingstr.) versetzt. Die Formidee geht bereits auf ein Modell aus 1974 zurück. Eigentum: Stadt Stuttgart.

Bohnet teilt den Würfel gedanklich in acht gleichgroße Würfel auf, ersetzt einen dieser kleineren Würfel durch einen Edelstahlwürfel und entfernt den gegenüberliegenden Würfel. Dadurch entstehen an dieser Stelle drei neue Spitzen (Ecken) - und auf diese stellt Bohnet des Würfel. Aus der einfachen und bekannten - ja, gewissermaßen "langweiligen" - Würfelform wird dadurch ein geometrisches Objekt, dessen Form und Aufbau vom Betrachter erst durch aufmerksame Betrachtung zu entschlüsseln ist. Die Kanten verlaufen nun allesamt schräg und scheinen nach oben, zur Spitze zu streben. Aus dem ruhenden, schwer erscheinenden Würfel ist ein dynamisches, energiegeladenes Objekt geworden. Mit seinen seitlichen Ecken erscheint Bohnets Kubus geradezu "wehrhaft-aggressiv" - als müsse er seinen Platz gegen die Umwelt verteidigen.

»Dass Hans Dieter Bohnets Würfel sinnbildlich seiner Blockhaftigkeit entflieht und auf dem Kopf steht, mag als Aufbäumen gegen das Unflexible schlechthin gesehen werden.«
[Rebekka Bücheler, in: Skulpturen des 20. Jahrhunderts in Stuttgart, 2006, S. 76]

Bohnet beschäftigte sich bis Mitte der 1960er Jahre zunächst mit figürlicher Plastik. Seit Ende der 1960er Jahre ist sein Werk von stereometrischen Formen bestimmt, insbesondere seit 1970 von der Kugel und dem Kubus sowie seit den 1990er Jahren vom Oktaeder. [Wikipedia]

»Das Spiel mit der Geometrie von Räumen ist seit Jahrzehnten zentrales Thema in den Arbeiten des Stuttgarter Bildhauers. Bohnet "hinterfragt" den Raum und die geometrische Form im wörtlichen Sinn, nämlich indem er sie aufbricht, sie "auseinander" nimmt, sie in ihre Einzelteile zerlegt. Als Resultat des bildhauerischen "Eingriffs" kehren die vorwiegend aus Edelstahl gefertigten Skulpturen ihre geometrische Struktur, quasi ihr "Konstruktionsprinzip" nach außen. Gleichzeitig provozieren die scheinbar "perfekten", nunmehr manipulierten Formen, verstärkt durch die stellenweise Verwendung glänzender, spiegelnder Oberflächen, den Betrachter zum Nachdenken über die eigene Wahrnehmung - gerade dort, wo er überzeugt ist, längst schon alles gesehen zu haben.«
[Tassilo Schneider, in: Stadtkurier - Wochenzeitung für Freiburg, 22. Juni 2006]

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