Christiane Erdmann (*1950 Bonn, lebt und arbeitet in Wiesbaden): Stamm durchdrungen (2016)
Kastanienholz, 200 cm hoch.
»Diese Arbeit „Stamm durchdrungen” entstand mehr
oder weniger durch den Umstand, dass ich von meinem
Holzlieferanten einen 4,5 Meter langen Kastanienstamm
geliefert bekam, dessen oberes Ende diese
Verzweigungen aufwies. Lange habe ich darüber
nachgedacht, wie ich mit dieser Vorgabe der Natur,
nämlich den letzten zwei verzweigten Metern dieses
Stammes, umgehen soll. In meiner eigentlichen
bildhauerischen Handschrift meide ich es, mich vom
Wuchs eines Baumes inspirieren zu lassen. Ich
brauche den neutralen Säulenstamm um meine Vorstellung
daraus herauszuschälen.
Ich weiß, dass ich das ‚Durchdringen‘ von Holz nicht
erfunden habe. Ob sich jedoch jemand bisher sich mit
der Durchdringung eines Stammes, seinem natürlichen
Wuchs folgend, gewidmet hat, weiß ich nicht.
Es ist ein eigentümlich fast schmerzender Vorgang für
mich gewesen, in diesen Stamm auf diese Weise
einzudringen. Der Baum ist noch Baum, ein immer noch
lebendes Material. Dass diese Kastanie ihre Äste so
entwickelt hat, erzählt mit Sicherheit die Geschichte
ihres hundertjährigen Daseins. Nun ist ihr Dasein
‚durchsichtig‘ geworden«
[Christiane Erdmann]
[Foto: 8/2018 tew. Lizenz: Creative Commons Namensnennung - nicht kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen]