Roger Rigorth (*1965 Saanen / Schweiz, lebt und arbeitet in Altheim / Kreis Darmstadt-Dieburg): Dona Nobis Pacem (Schenke uns Frieden) (2006)
Main-Sandstein, Holz, ca. 6 m lang.
Standort: Alter Fähranleger, Fährstraße 6 / Ostring, 63512 Klein-Krotzenburg.
Am 24 September 2006 der Öffentlichkeit übergeben.
So wie der hölzerne Bootskörper für die Möglichkeit der Überfahrt steht, verweist der Sandsteinblock - einem Grenzstein nicht unähnlich - auf den römischen Limes, der hier auf den Main traf. Die Skulptur vereint somit Trennendes und Verbindendes, Statisch-Verharrendes und Organisch-Bewegliches, Schwer und Leicht. Der Kreis Offenbach und die Sparkasse Langen-Seligenstadt starteten 1999 gemeinsam das Projekt "Kunst vor Ort", das die Verbundenheit von Künstlerinnen und Künstlern mit der Region zum Ausdruck bringen soll und auf lokale Besonderheiten hinweisen will.
»Grundlage meiner Arbeit ist die Symbolik.
Ein Objekt oder die Installation sind ein Bild für eine Aussage, eine Situation oder Haltung.
Mich interessiert die Bedeutung, die einer Form zugeschrieben wird.
Diese Bedeutungen stammen aus unserem gemeinsamen kulturellen Erbe.
Ein Boot ist nicht nur ein Boot, sondern auch gleich Sinnbild der Bewegung, Reise, Aufbruch,
Übergang zwischen den Welten.
Gold ist nicht nur Gold, es ist die Reinheit, Klarheit der Seele.
(...)
Die entstehenden Inhalte kreisen immer um die existenziellen Fragen des menschlichen Daseins:
Nach dem Sinn, über die Sehnsucht und die Suche.«
[Roger Rigorth]
Sandstein ist ein Sedimentgestein, entstanden über Jahrmillionen. Enstanden ist er aus dem Schlick und Sand, den der Main mit sich führt. Er ist gewissermaßen geronnene Zeit. So wie der Stein zeigt, dass Sand und Schlick am Main sich verändern, so verändert sich auch der Main, der nie dasselbe Wasser zweimal mit sich führt; Wie der griechische Philosoph Heraklit es ausdrückte: „panta rhei" - alles fließt und „Man kann nicht zweimal in denselben Fluss steigen.“ Die Skulptur an dieser Stelle, wo der Limes den Main querte, lehrt somit auch ein Stück Demut: das menschliche Streben und Verändern überdauert zwar ebenfalls die Zeit - der einzelne hingegen kommt einem Wimpernschlag gleich. In unseren Empfindungen und Einstellungen wiederum sind wir von der Kulturgeschichte geprägt.
»Der Turm stand für den Limes und das Boot für den Fluss.
Ich habe mich entschlossen, die Steine mit einer Inschrift zu versehen
- Dona Nobis Pacem (Schenke und Frieden) -,
die durch die Fuge durchgestrichen erscheint.
Damit wollte ich ausdrücken, dass es keinen Frieden gibt,
der auf militärischen Mitteln beruht.«
[Roger Rigorth]
Dona Nobis Pacem entstammt dem Gesang Agnus Dei, den Papst Sergius I (687–701) in der Katholischen Liturgie einführte: Lamm Gottes, der du trägst die Sünde der Welt, gibt uns deinen Frieden.
Seine Anregungen holt sich Rigorth auf Reisen und Bildhauer-Symposien rund um den Globus: Namibia, USA, Australien, Süd-Korea, China. Oft haben seine Arbeiten, zumeist aus Naturmaterialien, etwas mit Bewegung zu tun, viele schweben oder fliegen. Die hybriden Formen - halb Natur, halb Kultur - stiften zum Nachdenken an, über eine mögliche Funktion, gar einen symbolischen Zweck, über den Ort und seine Geschichte und den Lauf der Zeit. Auf der Triennale Bad Ragaz/Vaduz 2018 wurde Roger Rigorth der 1. Schweizerische Skulpturenpreis zuteil.
[Foto: 6/2019 pew. Lizenz: Creative Commons Namensnennung - nicht kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen]