Die Welt des Hans Uhlmann

*27. November 1900 Berlin  †28. Oktober 1975 ebd.



Leben

Uhlmann schloss 1924 ein Studium an der Technischen Hochschule Berlin als Maschinenbau-Ingenieur mit Diplom ab. Anschließend arbeitete er als Ingenieur in Kiel. Währenddessen unternahm er ab 1925 erste bildhauerische Versuche. 1926 wird er als Assistent von Max Kloß mit einer Lehrtätigkeit an der Technischen Hochschule Berlin beauftragt. 1933 wird Uhlmann bei einer antifaschistischen Flugblattaktion festgenommen und wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ verurteilt; er wird in den Untersuchungs- und Strafanstalten Berlin-Moabit und Tegel inhaftiert. Während der Haft fertigt er Skizzen für Skulpturen, meist Köpfe. 1935 wird er freigelassen, als Künstler wird er als „entartet“ eingestuft. Seinen Lebensunterhalt verdient er nun als Konstrukteur bei der National-Krupp Registrier Kassen GmbH in Berlin. Nebenbei entstehen, von der Kunstwelt abgeschnitten, Metallplastiken, u.a. nach den Entwürfen aus seiner Haft. Ab 1945 stellte er in der renommierten Galerie Rosen, Berlin, aus. 1945 wird er Leiter der Abteilung Bildende Kunst des Volksbildungsamtes Berlin-Steglitz, 1946 Ausstellungsleiter der Galerie Gerd Rosen. 1950 schon wird ihm der Berliner Kunstpreis zuteil; er wird mit einer Professur an der Hochschule der Künste Berlin betraut, wo er bis 1968 lehrt.

Ab 1951 ist er an bedeutenden Ausstellungen beteiligt.

1951 Biennale São Paulo, Brasilien
1954 27. Biennale von Venedig
1955 documenta I, Kassel
1959 documenta II, Kassel
1964 documenta III, Kassel
1977 documenta 6, Kassel
1977 Skulptur Münster

Das umfangreiche Archiv Hans Uhlmanns, mit u.a. Briefen, Entwürfen, Manuskripten und Werkfotos, schenkte der Sohn des Künstlers der Berlinischen Galerie.


Werk

Waldemar Grzimek bezeichnete Uhlmann als „Ingenieur der plastischen Form“. Hier schwingt nicht nur Uhlmanns Ausbildung zum Ingenieur mit. Interessant ist hierbei die Parallele zum 10 Jahre älteren Naum Gabo, der in den frühen 1910er Jahren an der Technischen Universität München (unter anderem) Hochbau studierte. Wie Naum Gabo interessierte sich Uhlmann für die Loslösung der Form vom Volumen. Die zu schaffende Form sollte als transparentes, geistiges Gebilde im Raum existieren, ohne den Raum, ohne sich selbst zu verdecken. Uhlmann schuf in den 1930er Jahren Köpfe aus Eisendraht, die zwar Figürliches andeuten, die jedoch als z.T. hochgradig geometrische Konstruktionen stark an die konstruktivistischen Arbeiten Naum Gabos erinnern (die beiden hatten sich jeoch nie kennengelernt). Manche Arbeiten muten gar an wie Architektur-Modelle von futuristischen Bauten des 21. Jahrhunderts. Ab 1945 werden die Formen freier. Die geometrische Linienführung weicht der frei geschwungenen Linie im Raum ("Raumlineaturen"). Nach und nach löst sich auch die Form vom menschlichen Vorbild, 1947 entstehen die ersten abstrakten Eisendrahtskulpturen, die nur mehr mit Bewegung, Energie und Rhythmus im Raum beschäftigen. Diese Arbeiten erinnern an die Arbeiten des 22 Jahre später geborenen Norbert Kricke.

1952/53 kommt es zur Explosion im Raum; hatte sich das Geschehen der Plastiken bis dahin in einem fest umrissenen Raum abgespielt, nämlich in dem Raum, den die Plastiken selbst einnehmen, beziehen die Skulpturen nun den weiten Raum mit ein ins bildnerische Geschehen am Ort (wie bei der Interbau-Freiplastik, 1957, oder der Arbeit an der Beethovenhalle, Bonn, 1959) oder strahlen gestisch-expressiv Energie weit in den Raum ab (wie z.B. beim Mahnmal zum Gedächtnis des Widerstands im Dritten Reich, 1960). Die Faltungen des Stahls führen schließlich zu organoiden Form-Entfaltungen, die aus pyramidalen Hohl-Elementen zusammengesetzt scheinen (siehe z.B. Stahlplastik, 1965, oder Entfaltung, 1966). Wieder definiert ein komplexes, mal mehr, mal weniger klar strukturiertes Formen-Gemenge ein lokales bildnerisches Geschehen, das über Brücken bzw. Arme aber stets in den umgebenden Raum "hineinfragt". Dies kann, angesichts der Biografie Uhlmanns, sowohl als Chiffre für Freiheit, als Nicht-Akzeptieren von Begrenztheit gelesen werden als auch als fragendes Erkunden, als Wunsch nach In-Kontakt-Kommen mit dem noch Unbekannten.

Von 1967 an bis zu seinem Tod arbeitete Uhlmann nahezu ausschließlich am Motiv des Turm bzw. der Säule. Haftmann sieht sie als Resultat aller in der Entwicklung des Gesamtwerkes durchgehandelten bildnerischen Ideen. Der Höhe nach etwa in der Mitte ist eine Kammer, eine Bühne, in den Turm eingelassen. Hier spielt sich das bilderische Geschehen ab, während gleichzeitig der Turm / die Säule als Ganzes die nötige Erdung der Skulptur (bzw. den Kontakt zum Kosmos) herstellt. Werner Haftmann bezeichnet diese Arbeiten, vom Künstler her gesehen, als Meditationsprodukt, vom Betrachter her gesehen, als Meditationsobjekt.



Auszeichnungen und Ehrungen

1950 Berliner Kunstpreis
1951 Preis für Zeichnungen auf der Biennale Saõ Paulo, Brasilien
1952 Preis des BDI im internationalen Wettbewerb für das Denkmal des unbekannten politischen Gefangenen
1954 Preis des Verbandes der Deutschen Kritiker, Berlin
1956 Ernennung zum ordentlichen Mitglied der Akademie der Künste Berlin
1960 Preis der internationalen Graphik-Ausstellung „Bianco e Nero“, Lugano
1961 Cornelius-Preis der Stadt Düsseldorf


Einzelausstellungen (Auswahl)

Zu den mit »K« gekennzeichneten Ausstellungen erschien ein Kataog.

1930 Galerie Gurlitt, BerlinK
1947 Galerie Rosen, BerlinK
1957 Kleeman Galleries, New YorkK
1960 Kunst- und Museumsverein, Wuppertal / Kunsthalle BremenK
1968 Akademie der Künste BerlinK
1975 Nationalgalerie, BerlinK
1977 Wilhelm-Lehmbruck-Museum, DuisburgK
1978 Kunsthalle MannheimK
1990 Wilhelm-Lehmbruck-Museum Duisburg / Berlinische GalerieK
1998 Galerie Brusberg Berlin (mit E. W. Nay)
2003 Galerie Brusberg, Berlin (mit Werner Heldt)K
2012 Galerie Haas ZürichK
2013 Galerie Michael Haas, BerlinK


Literaturhinweise

[HLB 75] Hans Uhlmann. Leben und Werk. Oeuvreverzeichnis der Skupturen. Text: Werner Haftmann, Oeuvreverzeichnis der Skupturen: Ursula Lehmann-Brockhaus. Schriftenreihe der Akademie der Künste, Band 11. Gebrüder Mann Verlag, Berlin, 1975 [Gebundene Ausgabe, 22 x 22 cm, 305 S.]
[Rot 89] Eberhard Roters: Hans Uhlmann. Reihe "Kritisches Lexikon der Gegenwartskunst", Weltkunst Verlag und Bruckmann Verlag, München, 1989


Weblinks








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