SkulpTour Düsseldorf

Eduardo Chillida (*1924 San Sebastián † 2002 San Sebastián):
Monumento (Rumor de limites IX) (1971)

Corten-Stahl, 360 x 430 x 499 cm. Die erste in Deutschland öffentlich aufgestellte Skulptur von Chillida. Standort: "Dreischeibenhaus", ehemalige Konzernzentrale von ThyssenKrupp, heute Momeni-Gruppe/Schwarz-Schütte. Auftrag der Thyssen-Konzerns 1970. Geschenk des Unternehmens als Ausdruck der Verbundenheit mit der Landeshauptstadt anlässlich des Firmenjubiläums an die Stadt. Anfang der 1970er Jahre war Kunstsponsoring durch Unternehmen noch unüblich und so wurde Chillida eine unkritische und einem kapitalistischen Kunstverständnis verwandte Haltung vorgeworfen [Quelle: 'Eduardo Chillida - Die Monumente im öffentlichen Raum' von Sabine Maria Schmidt, S. 120].

Chillida, der sich in anderen Arbeiten aus dieser Zeit schon mit seinem 'Lebensthema', dem Raum und der Leere, befasste, greift in dieser Arbeit auf Werkvorlagen aus den 1950er Jahren zurück. In ähnlichen Werken hatte Chillida durch Schnitte und Verbiegungen Skulpturen geschaffen, die aus verschiedenen Perspektiven überraschend unterschiedliche Ansichten abgeben. Das Monument für Thyssen ist allerdings aus drei Blöcken zusammengeschmiedet. Chillida gab detaillierte Anweisungen, dass - im Sinne eines harmonischen Gesamtausdrucks - auch an diesen Schweißstellen Stauchungen zu produzieren seien wie an den Schnittstellen, an denen die Blöcke gebogen wurden. Während man denjenigen Teil der Skulptur, der mit der Spitze den Boden berührt, durchaus in klassischer Manier als Spielbein lesen kann oder andere Partien als 'Rückrat mit Wirbeln', ist der Gesamteindruck der Skulptur durch die martialischen Kräfte geprägt, die zur Formung des Stahls nötig sind bzw. die den Stahl hie und dort bersten ließen, wie es scheint. An den Biegestellen wirkt der Stahl durch die entstandenen Stauchungen geradezu weich. Die Verteilung der Massen lässt die Skulptur unter einer Spannung stehen, als würde sie sich unter Aufbringung ihrer letzten Kräfte aufbäumen wollen.

»Die Skulptur mit ihrer raum- und gravitationüberwindenden Kraft erinnert an den "Höhenrausch", die Wucht und Dynamik manieristischer Vorbilder und vor allem barocker Skulptur.«
[Sabine Maria Schmidt (ebd.)]

Chillida selbst spricht von einem 'urwüchsigen Eindruck', den die Skulptur beim Betrachter erzeugen soll [Quelle: Sabine Maria Schmidt (ebd.)]. Charakteristisch für viele Arbeiten Chillidas ist denn auch ihre Verwurzelung im Boden einerseits und das tastende Ausgreifen in den Raum andererseits.

»Gegen Orientierung, Stabilität und Wissen -
Unsicherheit und Staunen.« [Eduardo Chillida]

Der Stahl für die Skulptur wurde im Hüttenwerk Oberhausen geschmolzen, die Brammen dann in der Henrichshütte in Hattingen geschmiedet, geschnitten, gebogen und geschweißt. Chillida war dazu mehrfach vor Ort. Als Aufstellungsort hatte sich Chillida den Vorplatz des Schauspielhauses gewünscht, von wo sie von allen Seiten zu umschreiten und zu betrachten gewesen wäre. Aus statischen Gründen war dies allerdings nicht möglich, denn die Skulptur ist 65 t schwer und unter diesem Platz befindet sich eine Tiefgarage. Chillida gab Anweisung, dass die Skulptur auf plattiertem Grund stehen solle, auf dem der Betrachter unter der Plastik hindurchgehen kann.

Der Baske Chillida gehört zu den wegweisenden und international bedeutendsten Bildhauern des 20. Jahrhunderts. Seine Skulpturen gestaltete er vorwiegend aus Eisen, aber auch aus Beton, Schamott-Erde und vielen anderen Materialien. Chillida studierte von 1943 bis 1947 zunächst Architektur in Madrid. 1948 bis 1951 lebte er in Paris, wo er sich zum Schmied ausbilden ließ. Er kehrte in seine Heimatstadt San Sebastian zurück, wo er sich eine Schmiede einrichtete und später die Stahlwerke der entlang des Golfs von Biscaya ansässigen Stahlindustrie nutzte. Er interessierte sich für Philosphie und Musik und war mit vielen Menschen des kulturellen und geistigen Lebens in Europa (in Deutschland z.B. Martin Heidegger) in engem Kontakt.

[Foto: © 2005 Hans Peter Schaefer, Wikimedia Commons.
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