SkulpTour Bonn

Lajos Barta (*1899 Budapest †1986 Köln):
Schwingende (1957/1971)

Bronze, 204 cm hoch. Standort: Alter Zoll.
Spende der Clemens-August-Kaiser-Stiftung, 1971 aufgestellt.

Auch bei der Schwingenden handelt es sich um ein in der Biografie Bartas verwurzeltes Werk. Barta war 1965 - nach Jahren der inneren Emigration - nach Westdeutschland gekommen. Im Alter von 66 Jahren kehrte er seiner Heimat Ungarn den Rücken, weil das sozialistische System abstrakte Kunst nicht zuließ. (Pensionäre ließ man ohne große Schwierigkeiten ausreisen.) Von 1965 bis 1967 hatte Barta ein Atelier im Bahnhof Rolandseck. Im Rheinland erfuhr er die Anerkennung, die ihm lange versagt geblieben war. Das Museum Städtische Kunstsammlungen Bonn richtete 1970 für ihn eine Einzelausstellung aus. Im Anschluss daran regte sein Direktor, Eberhard Marx, den Ankauf der Plastik "Angst" für den Hofgarten an. Unter dem geänderten Titel Schwingende stimmte die Jury zu, und die Arbeit wurde Bartas erste Großplastik, die in Bronze gegossen wurde.

Die Arbeit entstand unter dem Eindruck der Niederschlagung des Ungarn-Aufstandes von 1956. In dessen Folge entwickelte sich in Ungarn ein umfassender Staatsterror. In unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit Festnahme und Verhör eines Künstlerkollegen, der bei ihm zur Untermiete wohnte, schuf Barta sechs Zeichnungen. Die zugeordneten plastischen Ausformungen trugen später die Titel: Angst, Neugierige, Spion, Kraft, Geheimnis und Verhandlungen des Muttermörders. In ihnen verarbeitete Barta die Gefahr, dass sein Atelier von der Geheimpolizei durchsucht werden könnte. Barta hatte - in Verleugnung seiner selbst - jahrelang sozialistisch-realistische Auftragsarbeiten angenommen und nur im Verborgenen abstrakt gearbeitet.

Die Ungarische Botschaft lud - nach dem Mauerfall - zu Kranzniederlegungen vor der Plastik ein, in Gedenken an die Opfer des Ungarn-Aufstands von 1956.

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