SkulpTour Basel

Ilya Kabakov (*1933 Dnepropetrowsk / heutiges Dnipro, Ukraine,
lebt und arbeitet seit 1988 auf Long Island, New York):
Denkmal für einen verlorenen Handschuh (1998)

Bronze, rot gefasst, 5 x 9 x 20 cm.
Sammlung Emanuel Hoffmann-Stiftung.
Standort: Kunstmuseum Basel | Gegenwart, St.Alban-Rheinweg 60, Basel, unter Kastanienbäumen auf einem Kiesbett in Sichtweite zum Rhein
[Stand Dezember 2022 zerstört]. 1997 / 1998 war der Handschuh an der Ecke 23rd Street / Broadway, New York City, installiert, vgl. publicartfund.org.

Im Werk von Kabakov erhalten Alltag und Erinnerung einen besonderen Stellenwert. Um den Handschuh herum sind neun Tafeln in einem Halbkreis angeordnet, gleich Notenständern von Musikern. Jede Tafel schildert eine andere mögliche (subjektive) Sichtweise / ein inneres Bild / eine Erinnerung an den verlorenen Handschuh: da ist beispielsweise von seiner Einsamkeit die Rede, vom Fehlen seines "Paartners", vom Fehdehandschuh, vom forensischen Beweisstück oder von Unordnung im öffentlichen Stadtbild. Eine Tafel fragt, was einen Gegenstand zum Kunstwerk macht:

»(...) Abfall aller Art, Schrott, wie man ihn in jedem Haushalt findet, füllt heutzutage die Sammlungen der Museen. Wert verleihen ihm nur die Museumsmauern. Und außerhalb dieser Mauern, wenn Abfall, wie dieser Handschuh, nah beim Eingang liegt?«

Das Denkmal für einen verlorenen Handschuh regt an, sich der Vielgestaltigkeit der inneren Vorstellungen, Möglichkeiten und Bedeutungen gewahr zu werden, die sich in einem einfach Handschuh treffen. Stellvertretend für jeden anderen Punkt, über den Menschen wir streiten. (Ein Buddhist würde vielleicht von der Einsicht in Karma und Kausalität sowie in wechselseitige Verbundenheit aller Lebewesen und Dinge sprechen.) Das Denkmal für einen verlorenen Handschuh macht bewusst, dass jedes noch so geringe Ding - selbst ein verlorener Handschuh - einen unermesslichen Wert und Bedeutung für uns erhalten kann, wenn es etwas berührt, was in unserer persönlichen Erinnerung, in unserer Vergangenheit eine entsprechende Bedeutung hat.

»The usual relationship between an artist an his painting is like the relationship with the father, or a husband's with his wife. But mine is a relationship with a stranger... with the chance of acquaintance.«
[Ilya Kabakov]

Mehr: [TagesWoche Basel]

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